Simulation oder die Frage nach dem „Was wäre wenn …?“
Schlägt man im Duden die Bedeutung des Wortes „Simulation“ nach, findet man als ersten Eintrag die Erklärung „vortäuschen“ – also das „So tun als ob“. Liest man jedoch weiter, geht es bei der Simulation aber auch um einen anderen Aspekt. Um die Nachahmung – also das „Was wäre wenn?“. Es geht darum, Vorgänge und Sachverhalte anhand von Modellen nachzubilden oder wirklichkeitsgetreu nachzuahmen. Bereits seit Jahrhunderten werden in den Wissenschaften komplexe Phänomene durch Modelle beschrieben. Simulationen ermöglichen es uns, wichtige Aspekte der so beschriebenen Systeme zu verstehen, Veränderungen vorherzusagen und zu entscheiden, wie solche Systeme zu kontrollieren sind.
Visualisierungen verwandeln die Daten aus Computersimulationen in grafische Darstellungen. Die Informationen der Simulationen lassen sich mithilfe dieser Bilder einfacher interpretieren und analysieren. Visualisierungen veranschaulichen die Simulationsergebnisse.
Was ist ein Modell und was ist eine Simulation?
Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit.
Simulationen werden auf Grundlage von Modellen durchgeführt. So können verschiedene Szenarien nachgebildet werden, die in der Realität zu teuer oder zu gefährlich sind oder die für das bloße Auge nicht sichtbar sind. Simulationen machen sozusagen das Unsichtbare sichtbar.
Beispiel aus dem Bereich Biologie:
Modell: Virtueller Nachbau des menschliche Gehirns
Simulation: Wie verhält sich das Gehirn bei der Einnahme von bestimmten Medikamenten? Der Transport von Medikamenten kann so beispielsweise sichtbar gemacht werden.
Durch Simulationen werden also Prozesse sichtbar.
Anschauliche Beispiel hierzu findet ihr in der Simulations-Galerie.
Im Rahmen des Mobilitätswandels gewinnt die Brennstoffzelle als Antriebsform in der Automobilwelt durch ihre lokale Emissionsfreiheit zunehmend an Bedeutung. Besonders für schwere Fahrzeuge stellt sie eine attraktive Alternative zum rein batteriebetriebenen Fahrzeug dar.
Die PEM (Polymer Elektrolyt Membran) Brennstoffzelle besteht aus mehreren porösen Schichten mit unterschiedlichsten Eigenschaften. Um im Wettbewerb bestehen zu können, muss eine hohe Effizienz und Langlebigkeit bei geringen Kosten erreicht werden. Simulationen können hier einen großen Mehrwert bieten.
Zur Beschreibung und Modellierung der porösen Materialien, dem Transport und den Interaktionen der porösen Schichten müssen effiziente Methoden entwickelt werden. Ein Brennstoffzellenstack, wie er beispielsweise in einem Fahrzeug verbaut wird, lässt sich in verschiedene Ebenen unterteilen (Stackebene, Vollzellebene, repräsentatives Volumen innerhalb der Zelle, Porenskala). Die Transportprozesse in der Brennstoffzelle spielen sich auf verschiedenen Skalen ab. Für die Simulation kompletter Zellen oder gar ganzer Brennstoffzellenstacks ist diese Methode jedoch aufgrund des Rechenaufwandes nicht geeignet. Für eine akkurate Repräsentation, müssen jedoch die relevanten Effekte der kleinskaligen Phänomene auch auf der gröberen Skala berücksichtigt werden, wofür intelligente Methoden gefunden werden müssen. Dafür müssen jedoch die relevanten Effekte zunächst identifiziert werden. Um die Interaktion des zweiphasigen Wasser-Luft-Transports am Interface zwischen GDL (Gas-Diffusionsschicht) und Gasverteiler zu beschreiben wird in diesem Projekt ein Porennetzwerk Modell verwendet. Hierbei werden die Transportprozesse auf der Porenskala beschrieben. Eine große Herausforderung ist hierbei der Wechsel der Benetzbarkeit von der hydrophoben GDL in den hydrophilen Gasverteiler und die dadurch resultierenden, auftretenden Phänomene. Neben der Modellierung auf der Porenskala muss auch die Häufigkeit der auftretenden Phänomene analysiert werden. Mit diesen Informationen soll schließlich ein stochastisch basiertes Modell auf die Vollzellskala übertragen werden.
Erklärung Kathode und Anode
Der Wasserstoff wird auf der Anodenseite in die Zelle geleitet und durch die GDL und MPL transportiert. In der CL (Katalysatorschicht) werden die Wasserstoffmoleküle in Protonen und Elektronen gespalten. Dies ist die Anodenreaktion in der Brennstoffzelle. Die Elektronen werden über die MPL, GDL und den Anoden-Gasverteiler in den elektrischen Kreislauf und zum Verbraucher (z.B. E-Motor) gebracht. Die Protonen gelangen durch die protonendurchlässige PEM-Schicht auf die Kathodenseite der Zelle.
Auf der Kathodenseite befindet sich ein gespiegelter Stapel der porösen Schichten. Sauerstoff wird durch die Luft über den Gasverteiler in die Zelle transportiert und über die GDL und MPL homogen auf der Katalysatorschicht verteilt. Dort reagieren die Sauerstoffmoleküle mit den Protonen, die durch die Membran in die Kathodenkatalysatorschicht gelangt sind. Bei dieser Kathodenreaktion werden Elektronen verbraucht, die aus dem elektrischen Kreislauf in die Kathode gelangen. Bei der Reaktion der Protonen, Elektronen und Sauerstoffmoleküle entsteht Wasser und Wärme. Beides muss über die porösen Schichten der Kathodenseite aus der Zelle heraustransportiert werden.
Wenn das Wasser nicht abtransportiert werden kann, sammeln sich zu viele Wasser-Moleküle in der Brennstoffzelle an. Das führt zu einer hohen Kondensationsrate. Wenn sich zu viel flüssiges Wasser auf der Kathodenseite befindet, werden die Pfade blockiert, durch die der Sauerstoff die Katalysatorschicht erreichen kann. Dies kann zu einer Performance-Reduktion führen.
Wenn die Wärme nicht abtransportiert werden kann, führt dies zu Schäden an der Brennstoffzelle. Bei erhöhten Temperaturen finden Reaktionen in den Katalysatorschichten statt, die dort nicht stattfinden sollen und die das Material beschädigen. Die Oxidationsprozesse führen zu einem vorzeitigeren „Altern“ der Brennstoffzelle.
Das ist ein Modell einer porösen Struktur aus Silikon (1). Mit diesem Modell können verschiedene Labor-Experimente analog durchgeführt werden.
Durch dieses Modell kann man zum Beispiel eine Flüssigkeit hindurchfließen lassen. Analoge Experimente (2) sind oftmals sehr teuer. Durch Experimente im Labor entstehen Daten, die dann wiederum für virtuelle Experimente (Modelle und Simulationen) eingesetzt werden können. Simulationen kann man beliebig oft wiederholen, ohne dass enorme Kosten entstehen.
Das ist ein vereinfachtes Modell einer porösen Struktur aus dem analogen Experiment, das am Computer mit einer speziellen Modellierungssoftware nachgebaut wurde. Die grauen Vierecke sind die Festkörper, die schwarze Fläche stellen die Zwischenräume, also die Poren, dar.
Mit diesem Computermodell können virtuelle Experimente – also Simulationen – durchgeführt werden. Forscher*innen nutzen dafür die Daten aus den analogen Experimenten. Mithilfe von Simulationen kann geprüft werden, ob die Daten der analogen Experimente richtig sind.
Was ist Quellcode?
Quellcode ist in Programmiersprache geschriebener Text, der in Zeilen strukturiert ist.
Der Text setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen, die zur Formulierung von Befehlen dienen. Eine Simulation wird sozusagen mithilfe des Quellcodes „zusammengebaut“.
Der Quelltext ist wichtig, denn er allein ist verantwortlich dafür, wie eine Simulation nachher aussieht und was sie zeigt. Ist nur ein einziges Zeichen falsch gesetzt, wirkt sich das auf die Simulation aus und sie wird fehlerhaft.
Was ist DuMuX?
DuMuX ist eine Software (= Computerprogramm), mit der Modelle programmiert werden können und auf dessen Grundlage dann Simulationen durchgeführt werden.
DuMuX bedeutet “DUNE for Multi-{Phase, Component, Scale, Physics, …} flow and transport in porous media”.)
DuMuX ist eine Open Source Software und wurde an der Universität Stuttgart entwickelt.
Was ist eine Open Source Software?
Software, die öffentlich ist und von jeder Person kostenfrei genutzt werden kann, wird als Open Source Software bezeichnet. Das bedeutet, dass der Quellcode frei zugänglich ist. So kann bestehendes Wissen weitergegeben werden und ein Austausch stattfinden. Andere Beispiele für Open Source Software oder Programme sind unter anderem Firefox, Google Chrome, Linux oder Open Office.
Vertiefung Simulation:
Bei der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff entsteht Wasser. Dieses Wasser muss aus der Katalysatorschicht, wo die Reaktionen stattfindet, hinaustransportiert werden um Platz für neue Reaktanten zu schaffen. Geschieht dies nicht, stellt sich bald ein chemisches Gleichgewicht ein und es wird kein Strom durch Reaktionen produziert. Um eine durchgängige Stromversorgung zu gewährleisten, wird das produzierte Wasser über die Kathodenseite abgeführt. Dabei muss das Wasser durch verschiedene poröse Schichten transportiert werden. Durch Kondensation und Evaporation kann es als Wasserdampf und als flüssiges Wasser auftreten. In dieser Simulation wird der Flüssigwassertransport durch die hydrophobe Gasdiffusionsschicht, das heißt Wasser ist die nicht-benetzende Phase, berechnet. Bei dem Material der Gasdiffusionsschicht handelt es sich um eine beschichtete Karbonfaserstruktur. Auf der Porenskala ist dies eine inhomogene und anisotrope Struktur. Um den Wassertransport durch diese Schicht und die Austrittstellen des Wassers vorherzusagen, wird der Porenraum des Materials geometrisch vereinfacht und als Netzwerkstruktur dargestellt. Das heißt die großen Hohlräume werden als Poren (Netzwerkknoten) identifiziert und die offenen Verbindungen dazwischen als Porenhälse (Netzwerkarme). Die vereinfachte Darstellung ermöglicht eine effiziente Berechnung der Transportvorgänge, welche die porenskaligen Eigenschaften der Gasdiffusionsstruktur berücksichtigt.
Die Simulation zeigt an welchen Stellen flüssiges Wasser zuerst aus der Faserstruktur austritt. Mit dieser Information kann die Struktur optimiert werden um die gewünschte Wasserverteilung zu erzielen.
Holger Steeb, Professor an der Universität Stuttgart und Projektleiter im Sonderforschungsbereich (SFB) 1313 und im Exzellenzclusters SimTech, gibt uns einen Einblick in die Labore, in denen sein Team und er mit porösen Medien experimentieren. Sie untersuchen dort die hydromechanischen Eigenschaften von porösen Materialien, um die Vorgänge innerhalb poröser Medien besser verstehen zu können. So können mathematische Modelle entwickelt werden, die die Grundlage sind für Simulationen und technische Anwendungen. Im „Porous Media Lab” versucht das Team, poröse Medien sozusagen „transparent“ zu machen. Dabei werden mit Hilfe von Computertomographie (CT) hochauflösende Aufnahmen gemacht. Diese CT-Scans erlauben es, den Porenraum sichtbar zu machen und diesen genau zu bestimmen. Auf dieser Grundlage können Wissenschaftler*innen numerische Simulationen erstellen.
Vom Experiment zur Simulation: Wie das „poröse Medium“ Asphalt sichtbar wird.
Sind Löcher im Asphalt? „Löcher“ bezeichnen wir, d.h. Wissenschaftler, die sich mit porösen Medien beschäftigen, auch als sogenannte „Poren“. Die Materialeigenschaften von Asphalt und anderen porösen Medien hängen sehr stark von den Eigenschaften dieser Poren ab. Leider können wir aber die Frage nach den Poreneigenschaften so einfach nicht beantworten, da Asphalt nicht transparent ist und wir daher nicht in das Material „hineinschauen“ können. Um die Frage nach „Löchern im Asphalt“ trotzdem beantworten zu können, verwenden wir röntgentomographische (CT) Methoden, um poröse Medien durchsichtig zu machen und hochauflösend charakterisieren zu können. Daraus gewonnene 3D CT-Aufnahmen bilden für uns anschließend die Grundlage für weitere Simulationen in denen wir die physikalischen Materialeigenschaften von porösen Medien berechnen.
Sieht man sich verschiedene Objekte oder Materialien von „außen“ an, erkennt man die poröse Struktur, die sie gemeinsam haben, mit bloßem Auge oft nicht. Man muss in sie hinein zoomen, um die Festkörper und die Zwischenräume voneinander unterscheiden zu können. Es gibt verschiedene Skalen, auf denen man poröse Medien genauer untersuchen kann.
Es wird grob zwischen der Mikro- und Makro-Skala unterschieden.
Mikroskala: Das ist die Innenansicht, also ein Zoom in das poröse Medium hinein. So wird die poröse Struktur und die Porengeometrie und die Verteilung der Fluid- und Feststoffphasen sichtbar. Probleme, die auf der Mikroskala beschrieben werden können, sind sehr klein.
Makroskala: Die Makroskala (auch Darcy-Skala oder REV-Skala genannt) verwendet gemittelte „Ansichten“, indem Eigenschaften definiert werden, die den mikro-skaligen Effekten entsprechen.
Poröse-Medien-Forschung findet also auf verschiedenen Skalen statt. Erklärt man die verschiedenen Skalen anhand des Beispiels „Erdreich“, sieht es folgendermaßen aus:
Betrachtet man Erde unter dem Mikroskop, erkennt man, dass die einzelnen Erdkörner übereinander-, nebeneinander- oder untereinanderliegen. Hieraus ergibt sich eine poröse Struktur. Die Erdkörner sind die „Festkörper“ und der Hohlraum zwischen den einzelnen Festkörpern ist der „Porenraum“. Dieser ist durchlässig. Durch ihn können Flüssigkeiten oder Gase fließen.
Diese Mikroebene kann im Computer nachgebildet werden. Hierfür wird ein Modell entworfen, das der Realität entspricht. Mit diesem Modell können nun verschiedene Szenarien durchgespielt werden.
Im Alter verlieren die Knochen ihre Knochendichte. Das heißt, ihre Hohlräume werden immer größer und die Stabilität der Knochen nimmt ab. Diese Krankheit nennt sich Osteoporose. Bei Osteoporose kommt es daher oftmals zu Knochenbrücken.
Stabilisierung von gebrochenen Wirbelkörpern
Eine Form der Stabilisierung von (gebrochenen) Wirbelkörpern ist die sogenannte „perkutane Vertebroplastie“. Bei dieser Behandlungsmethode wird sogenannter „Knochenzement“ in die Wirbel von Patienten gespritzt, die an Osteoporose leiden. Dabei werden schrittweise wenige Milliliter des Knochenzements injiziert und die Ausbreitung des Knochenzements immer wieder mit Röntgenaufnahmen kontrolliert. Das „flüssige“ Knochenzement härtet innerhalb von ca. 20 Minuten aus und stabilisiert den Knochen wieder.
Internationale Zusammenarbeit
An der Universität Stuttgart wird hierzu in Zusammenarbeit mit dem AO Research Institute Davos (Schweiz) geforscht. Forscher*innen der Universität Stuttgart* verwenden die experimentellen Daten aus Davos*, um damit Simulationen zu erstellen. Diese können Mediziner*innen helfen, die Vertebroplastie-Behandlung besser zu verstehen und diese dadurch insgesamt zu verbessern. Außerdem sind diese Simulationen wichtig, um eventuelle Komplikationen im Voraus zu erkennen und zu vermeiden (zum Beispiel der Austritt des Knochenzements, die Beschädigung der Nerven an der Wirbelsäule etc.).
*Oliver Röhrle (Universität Stuttgart) / Boyko Gueorguiev-Rüegg (AO Foundaitio, Davos)
Zum Vertiefungstext der Simulation der Knochenzementinjektion und der Ausbreitung der Masse im Wirbel.
Therapie für Osteoporose
Auch wenn die Forschung von Timo Koch nicht unter die SFB-Förderung fällt, ist sie doch inhaltlich eng mit den dort bearbeiteten Fragestellungen verwandt. Dagegen ist die kürzlich angelaufene Forschung zu Simulationen bei der perkutanen Vertebroplastie, einer Therapie zur Behandlung der Osteoporose (Knochenschwund), ein SFB-Projekt. Angesiedelt ist es bei Oliver Röhrle, Professor für Kontinuums-Biomechanik und Mechanobiologie am Institut für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart. „Wir wollen mit unserer Modellierung und Simulation den Medizinern helfen, dass sie die Vorgänge bei dieser Behandlungsmethode besser verstehen können“, umreißt der Biomechaniker das Ziel der eigenen Forschung.
Komplikationen bei Behandlung vermeiden: Bei der perkutanen Vertebroplastie spritzt der Arzt sogenannten Knochenzement in die Wirbel von Patienten, die an Osteoporose leiden. Die Behandlung erfolgt minimalinvasiv; der Arzt injiziert schrittweise wenige Milliliter des Knochenzements und kontrolliert immer wieder die Folgen mit Röntgenaufnahmen. „Es ist eine Standardbehandlung“, sagt Röhrle, „aber es gibt leider immer mal wieder Komplikationen, so dass zum Beispiel Knochenzement aus einem Wirbel austritt. Zudem weiß der Arzt nicht, wie sich das mechanische Verhalten des menschlichen Bewegungsapparats durch den Knochenzement ändert.“
Schließlich haben sich Wirbel, Bänder, Sehnen und Muskeln im Lauf der Zeit an die veränderte Statik der Wirbelsäule angepasst. „Hinzu kommt, dass sich der injizierte Knochenzement letztlich bei jedem Patienten anders verteilt.“ Aus Sicht der Strömungsmechanik ist die perkutane Vertebroplastie ein typisches Beispiel für die Vorgänge in porösen Medien. Der injizierte flüssige Knochenzement härtet im Wirbel aus, so dass es zunächst beim Eindringen des Zements zu einer Volumenänderung und anschließend beim Aushärten zu einer Phasenänderung von flüssig nach fest kommt. „Diese Vorgänge versuchen wir, mit Simulationen zu beschreiben“, sagt Röhrle. Und dabei die Eigenschaften von immerhin drei unterschiedlichen Materialien zu berücksichtigen – von Knochen, Knochenmark und Knochenzement. Um das Stuttgarter Modell zu validieren, werden die Wissenschaftler mit dem AO Research Institute Davos zusammenarbeiten. „Dort haben sie die experimentellen Laboraufbauten und die klinischen Fragestellungen, die wir für unsere Modellbildung benötigen“, so Röhrle. Erst wenn die Ergebnisse aus dieser ersten Phase vorliegen, können sich die Projektbeteiligten an die eigentlich interessante Fragestellung heranwagen: Was passiert genau, wenn es zu einem Bruch oder einem Riss im Wirbel kommt?
— Michael Vogel (Forschung Leben, Ausgabe 11/2018)
Sieht man sich diese fiktive Stadt an, erkennt man die verschiedenen Erd- und Gesteinsschichten unter ihr. In allen Schichten befindet sich Grundwasser. Je tiefer die Schicht, desto wärmer wird es. In Deutschland wird es unabhängig von der Jahreszeit pro 100 m Tiefe im Schnitt um ca. 3 °C wärmer. Das heißt, die Temperatur des Grundwassers nimmt in der Tiefe dementsprechend natürlich auch zu.
Die Temperatur des Grundwassers und des Gesteins im Untergrund nimmt durchschnittlich um 3°C pro 100 m Tiefe zu. Sie ist daher höher als die mittlere Umgebungstemperatur, welche in Deutschland etwa 10°C beträgt.
Mittlere Umgebungstemperatur + Tiefe x 3°C
In einer Tiefe von 2 km beträgt sie bereits zwischen 70 und 80 °C.
Wie kommt die Erdwärme an die Oberfläche?
Um das Grundwasser zum Heizen oder Kühlen verwenden zu können, braucht es spezielle Anlagen. Bis zu einer Tiefe von 400 m spricht man dabei auch von Flacher Geothermie, alles darunter nennt man dann Tiefe Geothermie.
CO2-Abscheidung und -Speicherung im natürlichen Untergrund
Ein weiteres Beispiel für die Nutzung des natürlichen Untergrundes ist die CO2-Speicherung. Wir Menschen produzieren CO2 bei Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen in Kraftwerken, beim Heizen, im Flugverkehr oder beim Autofahren. Ganz nebenbei bemerkt, wir atmen es sogar selbst aus. Wenn das CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird, vermindert es wie in einem Treibhaus die Rückstrahlung von Energie in den Weltraum und die Erde heizt sich auf, was wiederum das Klima beeinflussen kann.
Das Konzept der CO2-Speicherung, das 1996 erstmals in der Nordsee vor der Küste Norwegens umgesetzt wurde, besteht darin, CO2 tief unter die Erde zu pumpen. So wie Öl und Gas für Millionen von Jahren unter der Erde bleiben können, so kann auch CO2 unter der Erde bleiben, wenn es an den richtigen Stellen platziert wird.
Dieses Experiment wurde von der „Porous Media Group“ der Universität Bergen in Norwegen aufgebaut und durchgeführt. Es stellt einen anschaulichen Querschnitt durch die Nordsee dar und zeigt, wie die Injektion von CO2-Gas zur Anreicherung ebendieses unter nahezu undurchlässigen Schichten feinen Sandes führt. Mit der Zeit löst sich ein Großteil des CO2 im Wasser auf, das in unterirdischen Sandschichten sowieso immer vorhanden ist.
Wie lässt sich die Wärme nutzen?
Die Wärme aus dem Untergrund lässt sich als Energiequelle nutzen
Zum Heizen im Winter: Das Grundwasser kann zum Heizen von Gebäuden verwendet werden.
Zur Erzeugung elektrischen Stroms
Wärme kann auch eingespeist oder gespeichert werden
Zum Kühlen im Sommer: Das Grundwasser kann zur Kühlung von Gebäuden, Straßen oder Plätzen verwendet werden.
Etwa ein Drittel der Erdoberfläche ist mit Land bedeckt. Davon ist etwas mehr als ein Drittel Agrarfläche (Weideland, Ackerland) und etwa ein Drittel bewaldet. Pflanzen haben einen wesentlichen Anteil am Stoffumsatz in den oberen Bodenschichten und eine wesentliche Rolle im Wasserhaushalt und beim Wasseraustausch zwischen Boden und Atmosphäre. Wasser verdunstet – vor allem tagsüber bei Sonneneinstrahlung – aus kleinen Öffnungen in den Blättern einer Pflanze. Diese Verdunstung erzeugt einen Unterdruck, der dazu führt, dass Flüssigkeit über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen wird und über ein wasserleitendes Gefäßsystem (Xylem) bis in die Blätter transportiert wird. Sowohl der Boden, als auch die Wurzeln selbst sind poröse Medien!
Die Gestalt und der Aufbau des Wurzelsystems unterscheidet sich dabei stark zwischen verschiedenen Pflanzenspezies und mit den Umweltbedingungen (z.B. mit dem Wassergehalt des Bodens).
Manche Pflanzen sondern eine gelartige Substanz von den Wurzeln ab, die die Bodeneingenschaften modifiziert und der Pflanze erlaubt sogar aus sehr trockenen Böden noch Wasser aufzunehmen. Feine Wurzelhaare, die auf der Oberfläche vieler Wurzeln sitzen, spielen vermutlich auch eine Rolle bei der Wasseraufnahme. Durch komplexe Wurzelwerke können Pflanzen auch dafür sorgen, dass das vorhandene Wasser im Boden umverteilt wird. Solche Prozesse können nicht nur in Experimenten, sondern auch durch Computersimulation analysiert werden. Zum Beispiel kann mit einer Simulation die komplexe Interaktion zwischen der direkten Verdunstung an der Bodenoberfläche und der Verdunstung über Pflanzen analysiert werden. Dabei kommt uns zugute, dass man in einer Simulation Prozesse einfach an- und abschalten kann und somit deren Wirkung sowohl isoliert, als auch in Interaktion mit anderen Prozessen beobachten kann. Auf Basis von detaillierten Simulationen von einer oder wenigen Pflanzen, kann dann zum Beispiel entschieden werden, ob solche Prozesse in großskaligen Simulationen, wie Klimasimulationen, berücksichtigt werden müssen oder vernachlässigt werden können.
An der Universität Stuttgart arbeiten wir zusammen mit Kollegen vom Forschungszentrum Jülich an der Entwicklung von Computermodellen für Wasser- und Stofftransport in Böden mit Wurzeln, auch in Kombination mit Wurzelwachstumssimulationen. Diese Modellen sind wichtige Werkzeuge um wissenschaftliche Hypothesen zu überprüfen. Allerdings geht dies nur, wenn die Modelle die eingebauten Prozesse auch möglichst akkurat abbilden. Zum Beispiel überschätzen die meisten existierenden Modelle, bei gegebenem Atmosphärendruck, die Wasseraufnahme in trockenen Böden. Wir untersuchen und verbessern Modelle hinsichtlich solcher Defizite.
Credits: Timo Koch, Universität Stuttgart
Risse und Klüfte sind ein häufig auftretendes Merkmal in geologischen Gesteinsformationen und haben einen sehr großen Einfluss auf deren hydraulische und mechanische Eigenschaften. Zum Beispiel führt das Vorhandensein hochdurchlässiger Klüfte dazu, dass ein ansonsten schwach durchlässiges Material Fließpfade für einen schnellen Transport eines Fluids entlang der Klüfte aufweist. Abgesehen davon bieten die Rissflächen eine Austauschfläche für den Transfer von Masse und/oder Wärme zwischen den Klüften und dem umliegenden Gestein. Dies machen sich diverse geotechnische Anwendungen zunutze, wie zum Beispiel die geothermische Energiegewinnung oder die unkonventionelle Gewinnung von Öl oder Gas aus Schiefergestein.
Die Motivation zur Entwicklung des hier präsentierten Modells enstammt allerdings aus einem Projekt bezüglich der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Ein diskutierter Ansatz ist die Entsorgung der Abfälle in unterirdischen Tunnelsystemen innerhalb schwach durchlässigen Tongesteins. Die Idee ist, die Abfälle in Metallkanistern in diese Tunnel einzubringen, wobei das umliegende Gestein als Barriere für den Transport potentiell radioaktiver Substanzen über lange Zeiträume dienen soll. Dieser Transport würde unter Anderem dadurch angetrieben, dass die anaerobe Korrosion der Metallkanister zum Entstehen von Wasserstoffgas und einem damit verbundenen Druckanstieg innerhalb des Tunnels führt. Zudem finden sich in dem die Tunnels umgebenden Gestein Klüfte, die durch deren Bau eingebracht werden.
Die wissenschaftliche Fragestellung lautet nun, in welchem Maße die vorhandenen Klüfte die hydraulischen Eigenschaften des umliegenden Gesteins beeinflussen. Da das Tonmaterial recht weich ist, wird davon ausgegangen, dass sich die Klüfte, durch den Druckanstieg in den Tunnels, aufweiten und dadurch wiederum begünstigend auf den Abbau des Druckanstiegs wirken können. Hierzu sollen experimente an zylindrischen Gesteinsproben stattfinden, die dieses Aufweiten der Klüfte als Funktion des Druckanstiegs quantifizieren sollen.
Das hier vorgestellte Modell soll dabei helfen, diese Experimente besser zu interpretieren und kann außerdem dazu genutzt werden, die Veränderung der hydraulischen Eigenschaften für verschiedene, künstlich erzeugte Gesteinsproben und Rissnetzwerke zu untersuchen. Dies ist in experimentellen untersuchungen nur schwer oder nur unter sehr hohem technischen und finanziellen Aufwand möglich. Das Modell berücksichtigt ein poroelastisches Verhalten des Gesteins, das heißt, es wird die Interaktion zwischen der Strömung durch das Gestein und dessen Verformung modelliert, wobei das Gestein durch ein elastisches Materialgesetz beschrieben wird. Des Weiteren wird die Strömung entlang der Klüfte berücksichtigt, welche als zweidimiensonale Geometrien beschrieben werden, da die Öffnungsweiten in der Regel sehr klein sind im Vergleich zu den Abmessungen der Gesteinsproben. Die Öffnungsweite ist im Modell dann eine Variable, die auf den Rissflächen definiert ist und welche eine Funktion der Deformation des Gesteins ist.
Dadurch wird der Einfluss der Deformation auf die hydraulischen Eigenschaften der Klüfte, und dadurch letztlich auch auf die hydraulischen Eigenschaften der gesamten Gesteinsprobe, erfasst.
Credits: Universität Stuttgart / Dennis Gläser
Die Magnetresonanztomographie / Kernspintomographie (MRT) ist ein in der Medizin enorm wichtiges und vielfältiges Bildgebungsverfahren. Das Verfahren beruht auf der Resonanz von Wasserstoffatomkernen auf Radiofrequenzsignalen in einem starken Magnetfeld. Das Verfahren ist auch beliebt, weil es ohne belastende Strahlung (wie Rötgenstrahlung) auskommt. Es wird zur Diagnose von Krankheiten und für die Analyse von Struktur und Funktion von Gewebe eingesetzt. MRT ist zum Beispiel essentiell für die Diagnose und Beobachtung von Gehirntumoren, sowie bei der Analyse von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson, oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems, wie der Multiplen Sklerose. Dort werden auch oft zeitaufgelöste MRT-Verfahren verwendet, bei denen die Ausbreitung eines in die Blutbahn injizierten Kontrastmittels beobachtet wird (Perfusions-MRT).
Warum ist es entscheidend, dass das Gehirn porös ist?
Gehirngewebe besteht, wie die meisten biologischen Gewebe, aus einem Gemisch aus Zellen, Fasern und Flüssigkeit, die sich in den Zellen und im Zellzwischenraum (Porenraum) befindet. Die Zellen werden von Blutgefäßen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Blutgefäße selber bestehen ebenfalls aus Zellen, und auch Blut ist ein Gemisch aus Flüssigkeit und verschiedensten Zellen. Dieser komplexe Aufbau erschwert es das MRT-Signal zu interpretieren.
Wie können Computersimulationen helfen?
Computermodelle bilden die Grundlage für die Bildnachbearbeitung beim Perfusions-MRT. Dabei wird die Kontrastmittelausbreitung und das MRT-Verfahren im Computer simuliert und mit den Bildpunkten verglichen. Daraus lassen sich dann bestimmte Eigenschaften des Gehirngewebe ableiten. Zum Beispiel kann der Blutvolumenanteil abgeschätzt werden, ein wichtiger Indikator in der Beobachtung von Tumoren, aber auch zum Beispiel um den Schaden eines Schlaganfalls abzuschätzen. Einfache Simulationen dauern nur Sekunden und geben Ärtzen sofort wichtige, zusätzliche Informationen als Entscheidungshilfe.
An der Universität Stuttgart arbeiten Forscher*rinnen an der Entwicklung von zukünftigen Simulationstechniken, mit dem Ziel zusätzliche und detailliertere Informationen aus MRT Sequenzen abzuleiten. Mit Computersimulationen versuchen sie zu verstehen, wie sich Kontrastmittel im komplexen Gehirngewebe ausbreitet und wie sich verschiedene Eigenschaften des Gewebes auf das MRT Signal auswirken.
Credits: Timo Koch, Universität Stuttgart
Wenn man heute von Simulationen spricht, sind das fast immer Computersimulationen. Vorgänge oder Objekte werden am Computer nachgebildet und die Realität virtuell rekonstruiert. Durch Abstraktion entsteht ein Modell, an dem Experimente durchgeführt werden. In solchen digitalen Experimenten können einzelne Parameter, mögliche Effekte und Auswirkungen bei verschiedenen Einflüssen virtuell getestet werden. So können wir auch in die Vergangenheit schauen oder in unerreichbare Gegenden gelangen.
Aber ganz ohne Experimente geht es eben auch nicht, denn manchmal liefern Simulationen mehrere verschiedene Erklärungen für ein Phänomen. Dank Simulationen sind aber in diesen Fällen Experimente möglich, die sehr viel zielgerichteter sind.
Computersimulationen sind neben den Experimenten und der Theorie die dritte Säule der Wissenschaft. Sie helfen Wissenschaftlern Zusammenhänge zu erkennen, Wissenslücken aufzudecken und Abläufe zu verstehen.
Simulationen sind ein wichtiges Instrument zahlreicher Fachbereiche. Ob in der Meteorologie, der Medizin, dem Maschinenbau, der Physik und Chemie, der Forst- und Landwirtschaft, Sportwissenschaft, Umwelttechnik, Ingenieurwissenschaft oder der Materialforschung – Fortschritt ist heute ohne Simulationen kaum noch denkbar. Aber nicht nur in Wissenschaft und Technik spielen Simulationen eine wichtige Rolle. Auch in Wirtschaft, Politik und den Sozialwissenschaften werden sie immer wichtiger.
Simuliert wird, wenn…
…ein System sehr groß oder sehr klein ist.
Aufgrund der Größe des Weltalls sind dort Experimente oft nur mit hohem Aufwand durchführbar. Auch im Kleinen – im Bereich der Atome und Moleküle – nutzt man häufig Simulationen.
…Experimente zu teuer sind.
Reale Tests zum Beispiel zum Verhalten von Maschinen sind sehr teuer und zeitintensiv. Crashtest-Simulationen sparen Ressourcen und eine Menge Aufwand, weil in der Realität weniger Autos zerstört werden müssen.
… Experimente zu gefährlich wären.
Manche Experimente sind in der Realität viel zu gefährlich. Dazu gehören zum Beispiel Versuche zur Kernschmelze oder zu Vorgängen in unserer Umwelt wie die Speicherung von CO2 im Boden, die sogenannte CO2-Sequestrierung.
… Experimente ethisch nicht vertretbar sind.
In manchen Bereichen verbieten sich Versuche aus ethischen Gründen, etwa in der Medizin oder wegen der Gefährdung anderer. Deshalb trainieren Piloten in ihrer Ausbildung zuerst virtuell an Flugsimulatoren, bevor sie wirklich fliegen.
… das System in der Wirklich noch nicht existiert.
Simulationen liefern auch Vorhersagen über Systeme, die es noch gar nicht gibt. So können die Eigenschaften von neuen Materialien simuliert werden, bevor man sie im Labor herstellt.
… Prozesse sehr schnell oder langsam ablaufen.
Wenn zum Beispiel Galaxien entstehen oder sterben, dauert das viele Millionen Jahre. Die Explosion einer Supernova hingegen geht sehr schnell. In der Computersimulation kann man die Zeit virtuell anpassen.
In welchen Bereichen nutzen wir Simulationen?
Fahr- oder Flugsimulator | Wettervorhersage | Klimasimulationen | Crashtest | Simulation von Fertigungsanlagen | Ausbreitung von Medikamenten im Körper | Ausbreitung von Tumoren im Körper | Simulation geologischer Prozesse | Produktentwicklung | Automobilentwicklung | Urknall | Explosionsverhalten | Entwicklung von Materialien | Wahlvorhersagen | Risikoanalysen | Unternehmensanalysen | Bevölkerungsentwicklungen | Wirkung von Geldmarktinstrumenten | Prognosen im Versicherungswesen | Simulation politischer Reformvorhaben | Simulation von weltweiten Kapital- und Warenströmen im Aktienhandel | Simulation von historischen Ereignissen | Entwicklung von Prothesen | …
In welchen Disziplinen werden Simulationen eingesetzt?
Bioengineering | Lebensmittelchemie | Chemie | Genetik | Krankheitsforschung | Nanotechnologie | Diagnostik | Biologie | Biotechnologie | Sportwissenschaft | Pharmazie | Medizintechnik | Physik | Verfahrenstechnik | Energietechnik | Maschinelles Lernen | Maschinenbau | Mechatronik | Elektrotechnik | Raumfahrttechnik | Medientechnologie | Bauwesen | Fahrzeugtechnik | Geschichte | Linguistik | Physik | Mathematik | Informatik | Astronomie | Landschaftsökologie | Geodäsie | Klimaforschung | Geologie | Umweltschutz | Erneuerbare Energien | Hydrologie | Wasserwirtschaft | Geodäsie | Raumentwicklung | Architektur | Verfahrenstechnik | …
Und so funktioniert es!
Der Simulationsprozess, erklärt am Beispiel des menschlichen Gangs
Realer Prozess
Der menschliche Gang ist ein komplexer Prozess. Dies wird vor allem klar, wenn ein Mensch die Fähigkeit zum Gehen verliert. Damit ihm diese Fähigkeit zurückgegeben werden kann, zum Beispiel durch hochentwickelte Prothesen, müssen Forscher besser verstehen, wie der Gang funktioniert. Hier helfen Simulationen.
Modellierung
Bestimmen der beteiligten Strukturen und Einflüsse. Formulieren von Wechselwirkungen. Erstellen eines mathematischen Modells
Numerik
Einsetzen von konkreten Werten in die Formeln des mathematischen Modells. Übersetzen des Modells in Algorithmen.
Implementierung
Entwickeln einer Software für die Simulation, um diese am Computer zu berechnen.
Visualisierung
Veranschaulichen abstrakter Simulationsergebnisse und Daten
Analyse
Auswerten der Ergebnisse der Simulation und Vergleich mit dem realen Experiment
Realitätscheck
Stimmen die Simulationsergebnisse mit der Realität überein?
Modellanpassung
Einarbeiten der Erkenntnisse in den Prozess und Verbesserung der Computersimulation
Dieses Video zeigt das Ergebnis einer Simulation, die mithilfe von Datenvisualisierung aufbereitet wurde. Mithilfe von Simulationen können verschiedene Situationen nachgestellt werden, die man im Labor aus Zeit- und Kostengründen nicht beliebig oft wiederholen oder variieren kann. Diese Simulation zeigt, wie die Flüssigkeit durch das poröse Medium hindurchfließt. Es bewegt sich stromlinienförmig um die Festkörper (graue Vierecke) und fließt von links nach rechts.
Die Experten im Bereich Simulation
Wer sind wir?
Den Exzellenzcluster „Daten-Integrierte Simulationswissenschaft“ der Universität Stuttgart gibt es seit dem 1.1.2019. Es wird im Rahmen der deutschen Exzellenzstrategie bis 2026 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. In unserem Cluster, übrigens eins von zwei Exzellenzclustern an der Universität Stuttgart, arbeiten rund 150 Personen in interdisziplinären (also fachübergreifenden) Forscherteams aus sieben Fakultäten der Universität zusammen. Gleichzeitig kümmern wir uns mit unserem Studiengang Simulation Technology, unserem Schülerwettbewerb PlaNeT SimTech und unserer Graduiertenschule um den (wissenschaftlichen) Nachwuchs.
Was tun wir?
Im Fokus unserer Arbeit steht die Integration von Simulations- und Datenwissenschaft. Das heißt wir nutzen das immer größere Angebot an Daten aus den verschiedensten Quellen von Anfang an für unsere Simulationen, um damit ihre Genauigkeit zu verbessern. So können wir unsere Modelle verlässlicher machen und damit zuverlässigere Vorhersagen treffen. Naturwissenschaftliche Grundlagen werden dabei immer berücksichtigt. Die so gewonnenen Erkenntnisse können in so gut wie allen Bereichen genutzt werden: Simulation des Bewegungsapparates, Entwicklung von Prothesen, Materialentwicklung, Auswirkungen von Geothermie-Bohren, Entwicklung patientenspezifischer Medikamente – um nur einige zu nennen.
Dafür ist der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen und der Industrie sehr wichtig.
SimTech-Forschung
Wir betreiben Forschung auf dem Gebiet der Simulations- und Datenwissenschaft. Sie orientiert sich an drei so genannten „Visionary Examples“: Engineered Geosystems, Digitales Menschmodell und Virtuelles Materialdesign. Um diese Visionen Wirklichkeit werden zu lassen, ist es notwendig, Grundlagenmethoden zu entwickeln, die für alle Bereiche anwendbar und damit visionenübergreifend einsetzbar sind.
Unsere Forschung wird in interdisziplinären (fächerübergreifenden) Projektnetzwerken organisiert
Studiengang „Simulation Technology“
Der interdisziplinäre – also fächerübergreifende – Studiengang Simulation Technology verbindet die Bereiche Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Informatik und Naturwissenschaften. Seit 2010 kann man den sechssemestrigen Bachelorstudiengang studieren und seit 2013 seine Ausbildung im Master fortsetzen. Eine hervorragende Grundlage für eine anschließende Promotion. Vielleicht sogar in der Graduiertenschule GS SimTech.
Schülerwettbewerb PlaNeT SimTech
Seit 2015 veranstaltet die SimTech Junior Academy den Schülerwettbewerb PlaNeT SimTech. Probleme lösen aus Naturwissenschaften und Technik ist hier das Motto. Richtig ist, wer in den letzten beiden Jahrgangsstufen des Gymnasiums ist und Spaß an Mathematik, Knobeln, Ingenieurproblemen und Tüfteln hat. Wer im Team die beste Lösung für unsere anspruchsvolle Modellierungsaufgabe findet wie etwa „Wie viel Treibstoff braucht man für eine bemannte Marsmission?“, kann bis zu 500 EUR gewinnen.
Simulationsgalerie
1: Wasseraufnahme durch junge, wachsende Wurzeln
Diese Simulation zeigt das wachsendes Wurzelsystem zweier junger Pflanzen, die Wasser in einem Blumentopf aufnehmen. Der Boden trocknet langsam aus.
Modell: Boden und Wurzel
Simulation: Wassertransport und Wurzelwachstum
Die Wurzeln sind durch braune Röhrenelemente dargestellt. Blauer Boden
bedeutet hoher Wassergehalt, brauner Boden niedriger Wassergehalt.
Zum Vertiefungstext
2: Strömung durch Gestein mit Rissen
Diese Simulation zeigt die druckgetriebee Strömung eines Öls durch eine zylindrische Gesteinsprobe, in der elliptische Risse enthalten sind. Die veränderten Druckverhältnisse führen zu einer Aufweitung der Risse.
Modell: poröses Gestein und Klüfte
Simulation: Durchströmung und Deformation
Das Gestein ist in grau dargestellt, während der blau gefärbte Bereiche aufzeigt,bis wohin das Öl bereits geflossen ist. Die Pfeile zeigen die Fließgeschwindigkeiten des Öls innerhalb des Gesteins und die Deformation der Probe ist stark überzeichnet dargestellt.
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3: Kontrastmittelausbreitung in Blutkapillaren und umliegendem Gewebe
Diese Simulation zeigt die Kontrastmittelausbreitung in den kleinsten Blutgefäßen (Mikrozirkulation). Blut wird in der Simulation als Flüssigkeit vereinfacht. Der Zellanteil im Blut wird durch einen erhöhten Reibungswiderstand berücksichtigt. Das poröse Gewebe, das die Blutgefäße umgibt, wird gemittelt beschrieben. Die einzelnen Poren (Zellzwischenräume) sind in dieser Betrachtung nicht sichtbar.
Modell: Gehirngewebe und Kapillarbett
Simulation: Blutfluss und Kontrastmittelausbreitung
Das Kapillarnetzwerk entstammt einen Rattengehirn und repräsentiert alle Blutgefäße in einem Gewebewürfel; 1mm breit 1mm tief und 2mm hoch. Das Kontrastmittel ist als schwarze Wolke erkennbar. Kontrastmittelaustritt ist in dieser Simulation auf einen kleinen Bereich in der Mitte des Netzwerks beschränkt. Ausgetretenes Kontrastmittel ist orange angefärbt.
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InterPore
Weltweit arbeiten und forschen viele Menschen im Bereich der porösen Medien. Aber wie kann all das Wissen, das dabei entsteht, für andere zugänglich gemacht werden? Hier hilft InterPore.
InterPore ist eine gemeinnützige, unabhängige wissenschaftliche Organisation, die im Jahr 2008 gegründet wurde. Sie dient als Plattform für den interdisziplinären Austausch und die internationale Zusammenarbeit von Wissenschaft und Industrie. InterPore bündelt das weltweit entstandene Poröse-Medien-Wissen in einem Netzwerk und bringt die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten und forschen, zusammen.
Ziel
Wissen über poröse Medien in verschiedenen Bereichen kann über das Netzwerk sehr einfach geteilt werden und die Forschung voranbringen. Die InterPore-Mitglieder werden über die Arbeit ihrer Kolleg*innen aufmerksam gemacht, sie können untereinander Ideen austauschen und auf Basis des bestehenden Wissens neue Konzepte und Modelle entwickeln, die die Forschung im Bereich der porösen Medien weiterbringt. So muss das Rad nicht immer neu erfunden werden.
Was ist Visualierung? Verborgenes sichtbar machen
Computersimulationen haben gewaltige Datenmengen zum Ergebnis. Darin Antworten zu finden gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Bilder oder Grafiken sind hier unerlässlich. Sie machen sichtbar, was dem Auge sonst verborgen bliebe.
„Wir haben heute eine stetig ansteigende Flut an Daten. Bereits ihre Berechnung und Speicherung ist sehr aufwändig. Daher müssen die Daten entsprechend aufbereitet werden. Genau hier setzt die Visualisierung an.“ Prof. Thomas Ertl, Leiter des Visualisierungsinstituts und Sprecher des Exzellenzclusters EXC 2075 „Daten-Integrierte Simulationswissenschaft“ der Universität Stuttgart.
Visualisierungen verwandeln die Daten aus Computersimulationen in grafische Darstellungen. Oft können Wissenschaftler mit Hilfe dieser Bilder die Informationen in den Daten einfacher interpretieren. Wissenschaftliche Visualisierungen sind meist dreidimensional und interaktiv, das heißt, sie lassen sich von allen Seiten betrachten.
Bei Visualisierungen auf hochauflösenden Großprojektionsleinwänden werden sogar kleinste Details sichtbar, die auf normalen Bildschirmen kaum sichtbar wären. Die Größe der Leinwand vereinfacht es für die Wissenschaftler außerdem, gemeinsam die Daten zu analysieren.
Verborgenes Sichtbar machen: Wie aus Daten Bilder werden.
Das Ergebnis von Computersimulationen sind Datensätze. Immer mehr Details, größere Systeme und längere Zeiträume wollen Experten zahlreicher Disziplinen betrachten, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Antworten in dieser Datenflut zu finden, gleicht zunehmend der Suche einer Nadel im Heuhaufen. Bilder oder Grafiken der abstrakten Informationen sind dazu unerlässlich. Sie machen sichtbar, was dem menschlichen Auge sonst verborgen bliebe.
Die abendliche Wetterkarte, die Navigation im Auto oder die Wahlergebnisse der aktuellen Bundestagswahl – in unserem Alltag zeigen uns oft Bilder, was in aufwändigen Messungen, umfangreichen Datensammlungen oder komplizierten Berechnungen zusammengestellt wurde. Wissenschaftlern und Entwicklern ergeht es nicht anders. Komplexe Informationen oder Prozesse untersuchen sie am einfachsten in grafischen Darstellungen. Doch was muss passieren, damit die Wetterkarte über den Bildschirm flackert oder ein Ingenieur seine Idee am Rechner begutachten kann?
Dank der Visualisierung werden in Computersimulationen erzeugte Datensätze in visuelle Abbildungen umgewandelt. So werden die scheinbar unüberschaubaren Informationen interpretierbar und analysierbar.
Visualisierungen sind meist interaktiv und dreidimensional. So lassen sie sich von allen Seiten betrachten, einzelne Parameter können ein- und ausgeblendet und Besonderheiten hervorgehoben werden. Die Anzeige auf hochauflösenden Großprojektionsleinwänden vermittelt zudem einen umfassenden Eindruck aller Details. Mit interaktiven Echtzeitgrafiken werden konzeptionelle Überlegungen und mögliche Umsetzungsvarianten schon frühzeitig erlebbar.
Schritt für Schritt – Der Visualisierungsprozess
01 Rohdaten
Am Beginn des Visualisierungsprozesses steht eine abstrakte, unüberschaubare Zahlenmenge – die Daten. Nicht immer können alle Informationen grafisch abgebildet werden. Deshalb legen Wissenschaftler fest, was zur Beantwortung einer Frage wichtig ist. Das heißt, die Daten werden gefiltert, so dass nur die für die Analyse relevanten Teile visualisiert werden.
02 Mapping
Für die gefilterten Daten wird nun festgelegt, wie sie grafisch dargestellt werden. Beispielsweise werden Atome meistens als Kugeln visualisiert.
03 Rendering
Die grafische Darstellung der zuvor gewählten Repräsentationen wird berechnet. Außerdem wird der Blickwinkel, aus welchem die Daten dargestellt werden sollen, festgelegt.
04 Finale Visualisierung
Am Ende entsteht ein dreidimensionales, interaktives Abbild, welches für die Analyse der im ersten Schritt ausgewählten Informationen verwendet werden kann.
Skala 1: Das Fahrzeug
Skala 2: Der Brennstoffzellen-Stack
In diesem Stack befinden sich mehrere Hundert gestapelte Brennstoffzellen. Der brennstoffzellen-Stack generiert die elektrische Energie, die das Fahrzeug benötigt.
Skala 3: Die einzelne Brennstoffzelle und ihre porösen Schichten
Hier wird die Forschung an der PEM (Polymer-Elektrolyt-Membran)-Brennstoffzelle vorgestellt. Sie besteht aus insgesamt neun porösen und nicht-porösen Schichten und Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften.
Eine einzelne, reale Brennstoffzelle ist sehr dünn.Weniger als 2 cm dick und ca. 30 cm lang.
Öffnet man eine PEM-Brennstoffzelle und trennt die einzelnen Schichten vorsichtig voneinander, erkennt man die neun unterschiedlichen Schichten.
Aufzählung der 9 Schichten einer PEM-Brennstoffzelle
1) Anodenseite: Gaskanäle – Kanalstruktur (nicht porös). Material: Metall oder Keramik
2) Anodenseite: GDL = Gas-Diffusionsschicht (porös). Material: Beschichtete Carbonfaser
3) Anodenseite: MPL = Membran Polymer Schicht (porös). Material: Beschichtete Carbonpartikel/-körner
4) Anodenseite: CL = Katalysatorschicht (nano-porös). Sehr feine Skala aber die Transportprozesse sind wie in einem porösen Medium. Material: Carbonpartikel und Ionomerketten mit Platin als Katalysator versetzt
5) PEM = Polymer Elektrolyt Membran (im weitesten Sinne porös). Der Transport ist eher chemisch als vergleichbar zu einem porösen Medium. Material: Nafion
6) Kathodenseite: CL – siehe Anodenseite
7) Kathodenseite: MPL – siehe Anodenseite
8) Kathodenseite: GDL – siehe Anodenseite
9) Kathodenseite: Gaskanal – Klassisch Kanalstruktur (nicht porös), kann aber auch Streckmetall o.ä. sein, dass als poröses Medium interpretiert werden kann. Material: Metall oder Keramik
Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) (aus der Luft) werden durch die porösen Schichten der Brennstoffzelle hindurch zueinander geleitet und reagieren schließlich zu Wasser (H2O), das aus der Zelle hinaustransportiert wird und in die Atmosphäre abgegeben werden kann. Es findet also ein „Transport“ von Wasserstoff und Sauerstoff durch die porösen Schichten der Brennstoffzelle statt.
Reaktionsgleichung von Wasser: 2 H2 + O2 ⇌ 2 H2O
Durch diese Reaktion und das Zusammenwirken der verschiedenen Systeme im Fahrzeug wird elektrische Energie erzeugt und das Fahrzeug schließlich angetrieben.
Skala 4: Eine einzelne Brennstoffzellen-Schicht
Betrachtet man eine der neun Schichten unter dem Mikroskop – und zwar die GDL-Schicht – erkennt man, dass sie netzwerkartig aufgebaut ist und Hohlräume hat. Sie ist also durchlässig. Wasserstoff, Sauerstoff und Wasser können durch sie hindurchströmen.
Das ist die GDL-Schicht übertragen in ein Computer-Modell. Mit diesem Modell können Simulationen erstellt werden. So kann beispielweise dargestellt werden, wie und wo genau Wasserstoff, Sauerstoff und Wasser durch die Schicht strömt.
Simulationen von Vorgängen in der Brennstoffzelle
Simulationen spielen im Bereich der Brennstoffzelle eine wichtige Rolle, denn sie helfen dabei, die Vorgänge in Brennstoffzellen sichtbar zu machen. Sie helfen Forscher*innen zu verstehen, wie die porösen Schichten funktionieren, wie der Transport von Wasserstoff, Sauerstoff und Wasser stattfindet und ob die Schichten eventuell optimiert werden müssen. Zum Beispiel, ob ein anderes Material oder eine andere Struktur verwendet werden muss. Die Erkenntnisse aus den Simulationen führen dazu, dass in der Produktion der Fahrzeuge Kosten eingespart werden können.
Dieses Beispiel zeigt ein Modell der GDL-Schicht einer Brennstoffzelle. Mit diesem Modell wird der Wasseranteil in den Poren simuliert. Das Wasser wird dabei mit Druck durch die poröse Schicht gedrückt und tritt an den markierten Stellen aus.
Ausbreitung von Knochenzement während der Vertebroplastie
Das menschliche Skelett durchläuft über den gesamten Lebenzyklus einen Prozess namens Knochengeweberemodellierung. Hierbei wird altes Knochenmaterial abgebaut und durch neu aufgebautes Gewebe ersetzt. Steht dieser Prozess nicht mehr im Gleichgewicht und Knochengewebe wächst nicht in ausreichender Menge nach, kommt es zum Knochenschwund und zur Abnahme der Knochendichte. Diese häufig im Alter auftretende Krankheit wird Osteoporose genannt und kann zu massiven Einschränkungen in der Stabilität des gesamten Skeletts führen und mit einer stark erhöhten Frakturanfälligkeit einhergehen. Im Bereich der Wirbelsäule kann die Schwächung der Knochenstruktur zu Sinterungsbrüchen der Wirbelkörper und zu schwerwiegende Beschwerden der Betroffenen führen.
Eine Therapiemaßnahme zur Stabilisierung von osteoporotischen Wirbelkörpern ist die Vertebroplastie. Dies ist eine minimalinvasive Operation, bei welcher sogenannter Knochenzement in den Wirbelkörper perkutan injiziert wird und diesen nach dem Aushärten des zuvor flüssigen Knochenzements wieder festigt. Bei der Operation muss insbesondere darauf geachtet werden, dass kein Injektionsmaterial aus dem Wirbelkörper austritt. Mögliche schwerwiegende Folgen einer solchen Zementleckage sind etwa das Verursachen einer Embolie oder die Kompression des Rückenmarks.
Die numerische Simulation von Vertebroplastie kann dabei helfen, Komplikationen während dieses Eingriffs zu vermeiden und Vorhersagen über die Ausbreitung des Knochenzements innerhalb des Wirbelkörpers zu treffen. Großes Ziel ist es hierbei, den Operationsablauf zu optimieren, indem Faktoren wie die Lage der Injektionsnadel, die Wahl des Knochenzements und der notwendige Injektionsdruck in präoperativen Simulationen getestet werden. Dies bietet den operierenden Ärzten die Möglichkeit, einerseits Risiken schon im Vorfeld abzuschätzen und andererseits das bestmögliche Therapieergebnis zu erreichen. Ein weiteres Ziel bei der Simulation von Vertebroplastie ist es, ein tiefergehendes Verständnis über die entstehenden Kräfte und Drücke innerhalb des Wirbelkörpers während der Knochenzementinjektion zu erfahren. Dadurch können Vorhersagen getroffen werden, ob die vorhandene trabekuläre Knochenstruktur durch die entstehenden Spannungen deformiert oder zerstört wird.
Das hier verwendete kontinuumsmechanische Modell auf Basis der Theorie Poröser Medien (TPM) beruht auf der Formulierung von beschreibenden Gleichungen für das Festkörperskelett des Knochens, des eingespritzten Knochenzements sowie des Knochenmarks, welches den Knochen zu Beginn ausfüllt. Dies ermöglicht die direkte Berücksichtigung von wichtigen Parametern, wie der Knochenzementviskosität und der anisotropen Permeabilität der Knochenstruktur im Wirbel. Das resultierende Gleichungssystem wird vollständig gekoppelt gelöst und erlaubt die gleichzeitige Untersuchung des Einspritzvorgangs und der Ausbreitung des Knochenzements mit der damit einhergehenden Verdrängung des Knochenmarks sowie der dabei auftretenden Spannungen und Deformationen der Knochenstruktur.
Credits: Universität Stuttgart / Christian Bleiler