Alles Porös

Therapie für Osteoporose

Therapie für Osteoporose 

Auch wenn die Forschung von Timo Koch nicht unter die SFB-Förderung fällt, ist sie doch inhaltlich eng mit den dort bearbeiteten Fragestellungen verwandt. Dagegen ist die kürzlich angelaufene Forschung zu Simulationen bei der perkutanen Vertebroplastie, einer Therapie zur Behandlung der Osteoporose (Knochenschwund), ein SFB-Projekt. Angesiedelt ist es bei Oliver Röhrle, Professor für Kontinuums-Biomechanik und Mechanobiologie am Institut für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart. „Wir wollen mit unserer Modellierung und Simulation den Medizinern helfen, dass sie die Vorgänge bei dieser Behandlungsmethode besser verstehen können“, umreißt der Biomechaniker das Ziel der eigenen Forschung.

Komplikationen bei Behandlung vermeiden: Bei der perkutanen Vertebroplastie spritzt der Arzt sogenannten Knochenzement in die Wirbel von Patienten, die an Osteoporose leiden. Die Behandlung erfolgt minimalinvasiv; der Arzt injiziert schrittweise wenige Milliliter des Knochenzements und kontrolliert immer wieder die Folgen mit Röntgenaufnahmen. „Es ist eine Standardbehandlung“, sagt Röhrle, „aber es gibt leider immer mal wieder Komplikationen, so dass zum Beispiel Knochenzement aus einem Wirbel austritt. Zudem weiß der Arzt nicht, wie sich das mechanische Verhalten des menschlichen Bewegungsapparats durch den Knochenzement ändert.“


Professor Oliver Röhrle
Foto: Universität Stuttgart/ Max Kovalenko

„Es ist eine Standardbehandlung, aber es gibt leider immer mal wieder Komplikationen, so dass zum Beispiel Knochenzement aus einem Wirbel austritt. Zudem weiß der Arzt nicht, wie sich das mechanische Verhalten des menschlichen Bewegungsapparats durch den Knochenzement ändert.“

Oliver Röhrle, Professor für Kontinuums-Biomechanik und Mechanobiologie am Institut für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart. 

Schließlich haben sich Wirbel, Bänder, Sehnen und Muskeln im Lauf der Zeit an die veränderte Statik der Wirbelsäule angepasst. „Hinzu kommt, dass sich der injizierte Knochenzement letztlich bei jedem Patienten anders verteilt.“ Aus Sicht der Strömungsmechanik ist die perkutane Vertebroplastie ein typisches Beispiel für die Vorgänge in porösen Medien. Der injizierte flüssige Knochenzement härtet im Wirbel aus, so dass es zunächst beim Eindringen des Zements zu einer Volumenänderung und anschließend beim Aushärten zu einer Phasenänderung von flüssig nach fest kommt. „Diese Vorgänge versuchen wir, mit Simulationen zu beschreiben“, sagt Röhrle. Und dabei die Eigenschaften von immerhin drei unterschiedlichen Materialien zu berücksichtigen – von Knochen, Knochenmark und Knochenzement. Um das Stuttgarter Modell zu validieren, werden die Wissenschaftler mit dem AO Research Institute Davos zusammenarbeiten. „Dort haben sie die experimentellen Laboraufbauten und die klinischen Fragestellungen, die wir für unsere Modellbildung benötigen“, so Röhrle. Erst wenn die Ergebnisse aus dieser ersten Phase vorliegen, können sich die Projektbeteiligten an die eigentlich interessante Fragestellung heranwagen: Was passiert genau, wenn es zu einem Bruch oder einem Riss im Wirbel kommt?

— Michael Vogel (Forschung Leben, Ausgabe 11/2018)